Fairerweise muss man sagen, dass niemand von den Figuren eines Horrorfilms erwartet, dass sie logisch denken oder richtige Entscheidungen treffen, aber das, was You're Killing Me hier auf dem silbernen Tablet präsentiert, ist unter aller Kanone. Wenn man bei einer Party ein Handy mit belastendem Material findet, dann erzählt man es doch nicht den potenziellen Mördern, die auf dem Video sind. Jeder vernünftig denkender Mensch würde so tun, als ob er nichts gesehen hätte, das Handy so schnell wie möglich zurückgeben und von der Party verschwinden. Und was macht die minderbemittelte Highschool-Schülerin Eden (McKaley Miller, Unfollowed)? Sie erzählt den Menschen, die sie für Killer hält, nicht nur, dass sie das Video gesehen hat, was sie übrigens zu dem Zeitpunkt nicht sicher wussten, sondern schließt sich auch noch im Zimmer des potenziellen Killers ein und wartet bis er alle Partygäste rausjagt, damit er sich ungestört um sie „kümmern“ kann.
So dämliche Entscheidungen sieht man in den modernen Horrorfilmen eher selten, deswegen könnte You're Killing Me glatt ein Produkt der 90er Jahre sein, als die Figuren noch am laufenden Band schlechte und absolut dämliche Entscheidungen getroffen haben. Da dachte man eigentlich, dass die Zeiten längst vorbei sind, weil die modernen Horrorfilme eher einen anderen Weg einschlagen und Figuren kreieren, die zumindest einigermaßen nachvollziehbar handeln. Dagegen wirkt You're Killing Me trotz der modernen Kommunikationsmittel irgendwie oldschool, weil die Hauptfigur sich so dämlich und irrational verhält, dass man sich fragt, wie sie es zum Kuckuck überhaupt auf eine Warteliste für eine Elitecollage geschafft hat? Doch trotz allem hätte der Film noch gut werden können, wenn er Spannung aufweisen würde, womit You're Killing Me aber leider auch nicht dienen kann. Dieses dämliche Affentheater, das da vor sich geht, ist kaum zu ertragen, weil man zu keinem Zeitpunkt eine echte Bedrohung spürt und absolut nichts an diesem Film gruselig finden kann. Es sei denn, man erschreckt sich vor der Geisterbahn auf dem Rummel.
Nichtsdestotrotz hat auch You're Killing Me ein paar Momente, in denen man ein wenig Potenzial erkennt und dieses Potenzial kommt dann zum Vorschein, wenn moralische Fragen aufgeworfen werden. Was ist Recht und was ist Unrecht? Sollte man an sich selbst und an seine Familie oder an die Gerechtigkeit denken? An sich werden hier die richtigen Fragen gestellt, doch im Endeffekt falsche Schlussfolgerungen gezogen, denn der moralische Kompass der Hauptfigur Eden funktioniert auch nur dann, wenn es ihr gerade passt. Sie hält sich für etwas Besseres, dabei ist sie eine selbstgerechte Kuh, die nicht viel besser ist, als die Menschen, die sie als Mörder anprangert. Wenn es das Ziel der Filmemacher war, dass man die Hauptfigur nicht leiden kann und ihre Entscheidungen hinterfragt und sich über ihre permanente Übertretung der Notwehrgrenzen echauffiert, dann haben die Filmemacher einen guten Job gemacht. Ansonsten kann man diese Storyline echt vergessen, weil sich keiner einen Film mit einer solch schrecklichen Hauptfigur ansehen will. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen und wer bereit ist, andere Menschen zu töten, obwohl keine Notwehrlage mehr vorliegt, der sollte sich nicht so aufspielen, als wäre er Mutter Teresa.